Rund 70 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen zehn und 21 Jahren werden pro Jahr wegen einer Alkoholvergiftung in Hildesheim stationär in einem Krankenhaus behandelt. Um diesen jungen Menschen sowie deren Eltern zu helfen, hat die Suchthilfe Hildesheim das Präventionsprojekt "HaLT – Hart am LimiT" in Kooperation mit den hiesigen Krankenhäusern ins Leben gerufen.
Von 2016 bis 2018 wurde in Hildesheim das 1. HaLT-Projekt finanziert durch Hildesheimer Stiftungen und den Landkreis bei der Suchthilfe in Hildesheim etabliert. Wir waren über zweieinhalb Jahre an jedem Wochenende in den Krankenhäusern St. Bernward und Helios auf den Kinderstationen mit Bereitschaftsdiensten präsent und haben dabei Jugendliche, die nach einem Alkoholexzess mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus aufgenommen wurden, direkt am Krankenbett angesprochen und inklusive ihrer Eltern zu sogenannten Brückengesprächen eingeladen.
Die Beratungsgespräche sollten dazu dienen, die Situation aufzuarbeiten und so einem weiteren riskanten Alkoholkonsum vorzubeugen. Ein solches Gespräch konnte die Familiensituation entlasten und sollte Hilfestellung und Orientierung geben. Nach den drei Jahren konnten wir auf reichhaltige Erfahrungen zurückblicken, sowohl in der reaktiven Arbeit in den Krankenhäusern als auch in der Vernetzung mit anderen Beteiligten in Stadt und Landkreis Hildesheim.
Eine Weiterfinanzierung, bei der die Wochenendbereitschaft in den Kliniken mit Präventionsprogrammen im Bereich Schule, Verein und Gemeine / Kommune ergänzt und verstärkt werden sollte, kam leider nicht ausreichend zustande, sodass die Planung verändert und das Angebot eingeschränkt werden musste.
Mit den Krankenhäusern St. Bernward und Helios wurde vereinbart, dass fortan betroffene Jugendliche und ihre Eltern von den Ärzt*innen in den Krankenhäusern über die zeitnahe qualifizierte Beratungsmöglichkeit informiert werden und dass wir als Suchthilfe nach einer Schweigepflichtentbindung die Kontaktdaten der Betroffenen erhalten, um unsererseits aktiv auf die Familie zugehen zu können.
Eine Vielzahl von Studien belegt die Wirksamkeit einer direkt zum Anlass bezugnehmenden Kurzintervention, wenn sie frühzeitig und durch qualifizierte Pädagog*innen erfolgt. Zudem können suchtgefährdete Jugendliche zu einem sehr frühen Zeitpunkt in umfassende Hilfen eingebunden werden.
Wir engagieren uns in dem HaLT-Netzwerk Niedersachsen, koordiniert von der Landesstelle für Suchtfragen Niedersachsen, und arbeiten mit dem Jugendschutz des Landkreises Hildesheim zusammen. Darüber hinaus diskutieren wir aktuell die Frage, ob wir mithilfe einer neuen Projektförderung durch das GKV-Bündnis Prävention mit Unterstützung der BZgA ein „HaLT-Proaktiv“ Projekt umsetzen können.
Kooperationspartner
Förderer
Nur dank der folgenden Stiftungen und Förderer konnte das Projekt HaLT durchgeführt werden:
Das Präventionsprogramm
„HaLT – Hart am LimiT“ ist ein bundesweites Alkoholpräventionsprojekt, das entwickelt wurde, um den Trend der steigenden Zahlen der Kinder und Jugendlichen, die wegen Alkoholintoxikation in Krankenhäusern behandelt werden müssen, entgegen zu wirken. Die schnelle und frühe Intervention bei exzessivem Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen und die Sensibilisierung für einen verantwortungsbewussten Umgang mit Alkohol und verbesserte Einhaltung des Jugendschutzes stehen dabei im Mittelpunkt.
Das Projekt basiert auf zwei Bausteinen, die sich ergänzen und gegenseitig verstärken.
1. Reaktiver Baustein
Kinder und Jugendliche, die (erstmalig) durch exessiven Alkoholkonsum auffallen, werden von HaLT-Akteueren individuell beraten (Frühintervention) und mit einem Gruppenangebot begleitet. Dies zielt vor allem auf eine Reflexion des eigenen Verhaltens ab, außerdem werden Risiken im Umgang mit Alkohol bzw. das eigene Risikoverhalten allgemein thematisiert. Diese Maßnahmen bieten Kindern und Jugendlichen mit riskantem Alkoholkonsummuster, vor allem nach einer schweren Alkoholvergiftung, z.B. noch im Krankenhaus systematisch Hilfen an und zeigen Wege zum verarbeiten des Erlebten auf. Darüber hinuas werden die Eltern mit einbezogen (Elterngespräch).
2. Proaktiver Baustein
Im proaktiven Projektteil steht u.a. die die konsequentere Einhaltung des Jugendschutzes bei Festveranstaltungen, in Gaststätten und dem Handel im Vordergrund. Damit soll dem Alkoholmissbrauch durch kommunal verankerte Präventionsansätze unter Einbindung vieler regionaler Kooperationspartner entgegengewirkt werden. Außerdem wird das Thema in die Schulen getragen, bei Klassenfahrten bearbeitet u.ä. Das bedeutet, während der reaktive Baustein die Zielgruppe der riskant Alkohol konsumierenden Jugendlichen anspricht, wendet sich der proaktive Baustein vorwiegend an Erwachsene.